Martin Binder

Calla - Bunt gegen Homophobie - Siegerentwurf

2017

Material: GFK (Glasfaserverstärkter Kunststoff), Eisen, Pulverbeschichtung
Dimensionen: Höhe 6mal ca. 400 cm, Blüten 6mal ca. 60 cm

Die nicht festgelegte Identität der Calla-Lilie und die Probleme ihrer Kategorisierung bilden den Kern dieses Konzepts.

Der Entwurf besteht aus sechs überlebensgroßen Calla-Lilien in Schattierungen der Farben des Regenbogens. Die Blumen erreichen eine maximale Höhe von 4,20 m und ihre Blüten einen maximalen Durchmesser von 60 cm. Sie sind in variierendem Abstand auf einer Fläche von ca. 3,5 x 5,5 m angeordnet, sodass BesucherInnen sich zwischen ihnen bewegen können.

Der Wiedererkennungswert der Regenbogenfarben ist für die Internationalität des Entwurfs von elementarer Bedeutung. Die Farbigkeit betont den positiven Ansatz des Entwurfs und hebt sich von der Denkmallandschaft Berlins deutlich ab. Die Vergrößerung der Blumen, die sich leicht im Wind wiegen, sorgt nicht nur für mehr Sichtbarkeit sondern auch für die Übertreibung der „normalen“ und „richtigen“ Proportion.

Die Calla-Lilie steht symbolisch für die Ablösung eines bipolaren Geschlechtsmodells durch die von Magnus Hirschfeld vertretene Erweiterung des Verständnisses menschlicher Sexualität. Er forschte unter Anderem zum Hermaphroditismus, heutzutage als Intersexualität und Transsexualismus bezeichnet. Hirschfeld war es auch, der den Begriff des „Transvestiten“ 1910 einführte. Er war überzeugt, dass Transsexualität eine Form der Intersexualität sei. Die Monözie (Vorhandensein von weiblichen und männlichen Blüten auf einem Pflanzenexemplar) der Zantedeschia Aethiopica (Calla-Lilie) spielt auf diesen Aspekt Hirschfelds Sexualforschung an.

Aufgrund der Unterschiede zwischen Menschen und Pflanzen und ihrer verschiedenen Reproduktionsprozesse, sind die hier beschriebenen Parallelen nicht direkt vergleichbar. Der Entwurf thematisiert vielmehr die Monözie der Calla-Lilie und verweist auf ähnliche Phänome beim Menschen. Somit entsteht ein Raum mit Potential zur Reflexion über sexuelle Vielfalt und nonkonforme Geschlechtidentitäten. Die äußere Erscheinung der Blüten ruft Konnotationen sowohl männlicher als auch weiblicher Geschlechtsmerkmale hervor.

Trotz ihres Namens ist die Calla Lilie weder eine Calla noch eine Lilie. Im 17. Jahrhundert wurde sie vom Botaniker Carolus Linneaus unter dem Calla-Genus registriert. Später stellte der Botaniker Karl Koch fest, dass es sich bei ihr um ein eigenes Genus handelte, welches er nach dem Botaniker Giovanni Zantedeschi benannte. In diesem Entwurf verdeutlicht die Pflanze, dass Identität und noch präziser Geschlechtidentitäten sind nicht festgelegt sind. Die Entwicklungsstadien von der Knospe bis hin zur voll aufgeblühten Lilie betonen nicht nur das Wachstum der Pflanzen sondern verweisen ebenso darauf, dass sich die sexuelle Emanzipation weltweit in sehr verschiedenen Stadien befindet.

Eine Emanzipationsbewegung setzt eine Gruppe von Menschen voraus, die für ein gemeinsames Ziel kämpfen. So stehen auch die Blüten der Calla-Lilie als Gruppe zusammen, aus der die Dynamik eines Zusammenschlusses spricht, der für Vielfalt und Verschiedenheit kämpft.

Entwurf der Hirschfeld AG, bestehend aus:
Sajana Joshi
Malvina Panagiotidi
Jonathan Ryall
Martin Binder
Raju G.C.
Xue Wang
Igor Sovilj
Ino Varvariti
Giannis Delagrammatikas