Friederike Klotz

Turm

2013

TURM
2013, 98 cm x 38 cm x 38 cm, Markerzeichnung auf Acrylglasscheiben, Kunststoffverpackungen, Drehmotor, Fresnel-Linsen

Clemens Krümmel:
...so kann sich Friederike Klotz darauf verlassen, dass auch ohne
gigantischen Technikaufwand das Auge auch bei ihren einfachen Bewegungsschemata
ausreichend irritiert, abgelenkt, überfordert wird. IhreFiguren passieren einander knapp, fallen ins Auge wie durcheinander
wandernde Zielpunkte im Fadenkreuz eines Schützen, der immer wieder in
Vordergrund oder Hintergrund seiner Sichtlinie weggelockt wird – dabei
wirken sie durch den faserigen, ungenauen Strich des Filzschreibers
zumindest irgendwie „beseelt“, und die Feinheiten der zeichnerischen
Bewegung verleihen ihnen eine nicht benennbare Charakteristik und
„Muskelmasse“. Sie werden zu dramatischen Agenten in einem Stück, das
weder Komödie noch Tragödie, sondern ein schwer zu begreifendes, aber
gut nachzufühlendes Konzert ist, in dem sich Faszination und Horror vor
dem skopischen Regime dieser Welt-Boxen im sukzessiven Wechsel
unserer Betrachtungswinkel und -distanzen unvorhersehbar ablösen.
Auch wenn die derzeitige Raumkrise, das Streben nach strikter
Vermeidung aller Zusammenrottungen das nahezulegen scheint, sind
Friederike Klotz‘ Massen nicht kommunikationspessimistische Angstprojektionen,
sondern ambivalente Gefilde. Sie stoßen mit ihrer
befremdenden Stumpfheit ab und laden zugleich – wie bei Canetti
festgestellt – dazu ein, in ihnen aufzugehen. Präzise in einem fein
instrumentierten Sehort platziert, verweisen sie uns aus der ameisenstaathaften
Gemengelage wieder und wieder auf unkontrollierbar sich in
den Vordergrund schiebende Einzelagenten.