Michael Luther

regiocom, Magdeburg | Wandgemälde – Aufzugvorraum und historisches Treppenhaus 1.OG

2010

Auszug aus "Michael Luther – Verspielter Rhythmus für Lebensqualität" , Peer Golo Willi, Kunstwissenschaftler, Berlin:

Zahlreiche Wände der Flure und der Treppenhäuser hat der in Berlin lebende Maler Michael Luther im Jahr 2010 neu gestaltet. Hierfür hat er nach dem Entwurf entsprechender Raumkonzepte vertikale Streifen in unterschiedlicher Breite und verschiedenen Farben flächendeckend auf die Wände auftragen lassen. Die wenigen bereits vorhandenen farblichen Gestaltungen hat er in seine Komposition der Farbfelder ebenso integriert wie architektonische Gegebenheiten. Luther ist es dabei gelungen, neue Raumeindrücke und Raumerfahrungen zu schaffen, doch er ist dabei freilich keineswegs willkürlich vorgegangen sondern folgte stets künstlerischen wie auch bauhistorischen Überlegungen.

Kennzeichnend für Luthers Werk ist seine fortwährende, experimentelle Auseinandersetzung mit der Malerei. Der entscheidende Ausgangspunkt ist dabei ihr Grundstoff: die Farbe und die Emotionalität, die mit ihr verbunden ist. Die mannigfaltigen Möglichkeiten der Komposition mit der Verschiedenheit der Farbtöne, ihrer Tiefen, ihrer flächigen Quantität und ihren Beziehungen untereinander, hat Luther hier in eine Struktur eingebettet, die den Raum aufnimmt und zeitgleich in diesen aufgenommen wird. Mithilfe computergestützter Methoden hat Luther für jeden Wandabschnitt bis zu einem Dutzend und mehr Ebenen übereinander gelegt und jeweils, Schritt für Schritt, senkrechte Farbfelder hinzugefügt, die die Flächen der darunter liegenden Ebenen überlagern, teilen und strukturieren.

Gleichzeitig mit der Gestaltung dieser sich zunehmend verfeinernden Abfolgestruktur wurden die Farben bestimmt. Hierfür bediente sich der Künstler technischer Hilfsmittel, die die Farbwerte der vorhandenen Baustoffe und Bauelemente wie der Fußbodenbeläge, Türen, Treppengeländer usw. erfassten. Das dominante Rot eines PVC-Bodenbelages etwa wiederholt sich, vergleichsweise zurückhaltend, in schmalen Streifen an der Wand, in Bereichen mit Eichenparkett wiederum sind Luthers Farbfolgen von Brauntönen bestimmt, die mit der Farbe des Holzes mit seinen Maserungen in einen Dialog zu treten scheinen. Farbigen Kubusfragmenten, die bei der jüngsten Umgestaltung in Flure hineingebaut wurden, konnte Luther die solitäre Wirkung nehmen, jedoch nicht indem er sie übermalte sondern indem er ihre Farben in seinen Kanon aufnahm.

Die Aneinanderreihung der Farbstreifen ist dabei niemals eintönig,. Die Struktur und die Farben selbst sind geprägt durch Unregelmäßigkeiten, bewirkt durch unterschiedliche Taktungen der Abfolge, entstanden aus der Schichtung verschiedener Farbfeldbreiten und deren Zwischenräume. Was dadurch wahrgenommen wird, ist ein harmonischer und lebendiger Rhythmus, der behutsam in die Architektur eingreift, ohne sie zu verändern. Auch dass der Künstler Baustoffe und Architekturen früherer Nutzungs- und Ausstattungsphasen über das Moment der Farbe in seine Malerei mit einbezieht und so entsprechende historische Bezüge herstellt, macht diese Arbeit zu einem lebendigen Kunstwerk.

Wandgemälde | regiocom, Magdeburg – historischer Aufzugvorraum 1.OG

Wandgemälde | regiocom, Magdeburg – historischer Aufzugvorraum und Treppenhaus

Wandgemälde | regiocom, Magdeburg – historisches Treppenhaus