DAS DEUTSCHE HANDWERK

Das ist ein Gefängnis.

2000

Justizvollzugsanstalt Waldshut
Aussenstelle Lörrach
Neubau Arbeitsgebäude
Künstlerische Gestaltung der Westfassade
Projekt DAS DEUTSCHE HANDWERK: „Das ist ein Gefängnis“
Bausumme: DM 31 000,--
Staatl. Vermögens- und Hochbauamt Konstanz, eingeladener Wettbewerb
Realisiert im Oktober 2000

Projektbeschreibung

An der Südwestwand des Neubaus unterhalb der metallenen Fassadenverkleidung ist auf einer Fläche von ca. 36qm ein keramisches Wandbild auf Beton geplant. Dieses ist 12,50m breit und 3m hoch und wird mit witterungsbeständigem Außenmaterial ausgeführt (siehe Anlagen).

Eine darin versteckte Botschaft („...“), an der für Passanten einsehbaren Außenmauer schafft den informativen Bezug zur Nutzung des Gebäudes im Innern. Sowohl für die Künstler wie auch für die meisten Menschen ist der Gefängnisalltag klischeebesetzt, unbekannt und dramatisiert. Ein Gefängnis macht Angst, verweist auf "das Andere", das einen nichts anzugehen scheint und ist bisweilen, allein in der Außenbetrachtung von der Ferne, erzieherisches Mahnmal. Die Gefühle 'Mitleid' und 'gerechte Strafe' verschwimmen im Allgemeinen beim Gedanken an Gefangene. Im leibhaftigen Gefängnis wird das Ernst, was allabendlich im Krimi vorgespielt wird. Ein Gefängnis ist ein Denkmal, ein Mythos, bedrohlich und Neugier erweckend zugleich.

Im Zuge der Spezialisierung der Gesellschaft, der im öffentlichen Raum stattfindenden Ghettoisierung mit Aufteilung in "Altenviertel", "Familienviertel", "Armenviertel" etc.etc. finden sich immer weniger städtebauliche Verzahnungen der einzelnen Interessens- bzw. Schicksalsgruppierungen. So kommt es selten vor, daß (wie in Lörrach) ein Gefängnis überhaupt noch im Stadtkern, 100m vom Marktplatz entfernt, existiert. Die jetzt neu gebaute Mauer verbirgt den Stacheldraht schon hinter sich, am Altbau ist er noch zu sehen.

Es soll bewußt auf eine bildnerische Szenik verzichtet werden, da kaum jemand über den wahren Gefängnisalltag Bescheid weiss. Jedes Bild wäre ein weiterer "Film" bzw. ein weiteres, wohl unwahres, Klischee-Bild, einmal mehr von denjenigen, die sich außerhalb des Strafvollzugs befinden.

Die Farbigkeit wird die eigentliche Schrift weitestgehend aufheben, so daß nicht plakativ auf das Gefängnis hingewiesen wird, sondern mit der Leichtigkeit des zweiten Blicks, die die Situation der Architektur wiederspiegelt:

Die Außenfassaden sind fensterlos, eigentlich ungewöhnlich, aber aufwendig im oberen Bereich mit glänzendem, modernem Metall verkleidet, und wirken "schön".
Die Fläche soll farblich ebenfalls "schön" und zunächst abstrakt und bunt anzusehen sein, in der Aufteilung in Kästchen sogar kindlich (jeder erinnert sich an das Ausmalen der karierten Schulhefte), mit dem Hinweis allerdings auf eine sehr "unschöne" Realität, die erst nach einiger Zeit der Betrachtung entzifferbar ist.
Aus diesem Widerspruch ergibt sich unserer Meinung nach der der Situation aller (Außen wie Innen) angemessenste Fingerzeig auf eine sehr grundsätzliche gesellschaftliche Tatsache.
Die geplante Wandgestaltung soll an diejenigen erinnern, die in diesem Ort wohnen, unabhängig davon, wo sich gut und böse befindet.

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Die Arbeit wurde von der Kunstkommission zur Realisierung vorgeschlagen, jedoch vom Nutzer, dem Justitzministerium Baden-Württemberg, aufgrund der zu deutlichen Lesbarkeit des Satzes, abgelehnt. Im Frühjahr 2000 fand daraufhin ein Treffen aller Beteiligten in Konstanz statt, wo der Vorschlag des DEUTSCHEN HANDWERKS, den Satz in Morseschrift zu verschlüsseln, als Kompromiss angenommen wurde. Es wurde vereinbart, dass von Seiten des DEUTSCHEN HANDWERKS das Vorhandensein einer „Botschaft“ kommuniziert werden darf, gleichwohl die Botschaft selbst geheim bleiben soll.
Die Arbeit wurde im Oktober 2000 realisiert.