Julie Chovin

The Place to Be, nightclubs in Berlin, 2013-2020

2022

Zwischen 2013 und 2020 fotografierte die Künstlerin Julie Chovin rund 220 Nachtclubs in Berlin. Sie orientierte sich dabei an einer «Clubliste», die auf der offiziellen Website der Stadt Berlin veröffentlicht wurde. Der Titel, The Place to Be, ist der Slogan, den die Stadt für ihre Marketingkampagne gewählt hat. Für ihr Buch hat sich Chovin den fragwürdigen Titel dieser Kampagne angeeignet und die Liste als Ausgangspunkt für ihr Fotoprojekt genommen.

Die Wahlberlinerin suchte die Standorte der Clubs auf, die über die ganze Stadt verteilt sind – von 1a Lauschgift über das Berghain und die Puro Sky Lounge bis Zur Klappe. Doch ihre Fotografien dokumentieren nicht die Innenräume oder Rückstände des nächtlichen Treibens. Ihr Augenmerk liegt auf den Außenfassaden und Eingängen, die sich an den Straßen befinden und oft erstaunlich unscheinbar sind. Mit frontalem Blick auf die Fassaden und die verschlossenen Club-Türen gerichtet, fotografiert Chovin ihre Motive bei Tageslicht. Durch diesen Fokus werden die Clubs Teil einer urbanen Umgebung, statt als Orte der rauschhaften Ektase in Szene gesetzt zu werden. Es ist eine alltägliche Sicht auf die urbane Club-Landschaft, die Chovin festhält und mit der sie Orte dokumentiert, die es zum Teil schon nicht mehr gibt – oder bald nicht mehr geben wird, weil sie zu Opfern des Gentrifizierungsprozesses geworden sind. Als sie die Serie Anfang 2020 beendete, waren bereits einige Clubs geschlossen, heute dürften es noch mehr sein. Im Rückblick wirken die Fotografien, als hätte die Künstlerin die Zeit des Lockdowns vorausgesehen. Die menschenleeren Bilder unterstreichen die Sorge, dass das pulsierende Berlin bald nur noch in der Erinnerung existieren könnte. Das Buch mit 220 Farbabbildungen wird begleitet von zwei Texten: Boris Grésillon hat eine kurze Zeitreise durch die Berliner Techno-Geschichte geschrieben und Séverine Marguin beschreibt Chovins Club-Archiv aus stadtsoziologischer Perspektive.

The Place to Be, 220 nightsclubs in Berlin 2013-2020
1. Print, Vexer Verlag 2021 - 220
pages, 12,1 x 30 cm, swiss binding
Image and concept: Julie Chovin -
Texts: Boris Grésillon and Séverine
Marguin - Language: German, english, french - Design: Studio Daniel
Rother - ISBN: 978-3-907112-
29-8 - Production: Katalogförderung der Berliner Senat.

The Place to Be, installation, 2021.
220 photographs printed on Tarpaulin. View from Vexer Büro Berlin.

Die Fotografien auf dieser Installation zeigen alle Gebäude, in denen Nachtclubs in Berlin untergebracht sind. Sie wurden zwischen 2013 und 2020 für das Buch The Place to Be aufgenommen. Der Raum zwischen den Bildern entspricht mehr oder weniger dem Maßstab der Stadt und bildet eine riesige Karte ohne Worte oder räumliche Angaben, die es dem Betrachter ermöglicht, seine eigenen Orientierungspunkte zu finden.

Der Tempel, printed and cut acrylglass in 5 parts, size 50 x 45 x 4 cm, 2022.
"Der Tempel" ist der Spitzname des Clubs Berghain, der sich in einem Industriegebiet im Berliner Stadtteil Friedrichshain befindet. Dieser Club löste das Ostgut ab, das von 1998 bis 2003 in einem ehemaligen Güterbahnhof untergebracht war. Der neue Standort wurde im Jahr 2004 eröffnet. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein ehemaliges Fernheizwerk, das zwischen 1953 und 1954 im imperialen stalinistischen Stil erbaut wurde. Es ist Teil des Gebäudekomplexes an der Karl-Marx-Allee und steht unter Denkmalschutz. Der Club nimmt eine Hälfte des Gebäudes ein, erstreckt sich über 4 Etagen und beherbergt in der obersten Etage die Panorama Bar (Panne Bar). Das Berghain ist bekannt für sein hochwertiges Soundsystem, seinen Minimal-Techno und sein kosmopolitisches und internationales Publikum. Diese Elemente sowie die strenge und unberechenbare Einlasspolitik und das Fotografierverbot haben ihm einen mythischen Status verliehen und ihm den Spitznamen "Der Tempel" eingebracht. Das Werk zeigt das Gebäude im taufrischen Licht eines frühen Morgens nach einem Feiertag. Im Vordergrund kontrastieren die Pfähle und die rohe Erde einer Baustelle mit dem Rosa und den geraden Linien des Industriegebäudes. Oberhalb der Fassade hebt sich ein Giebel, wie der eines griechischen Tempels, leicht vom Himmel ab.