25.02.2023 | Maulbeerblatt: Berliner Atelier-Not

Seija Seidemann /// 23. Februar 2023 /// Lebensräume /// 

Über Probleme und Lösungsversuche bezahlbare Arbeitsräume zu schaffen.

Seit Jahrzehnten wächst die Zahl der in Berlin lebenden bildenden Künstler*innen. Ein Pluspunkt für die Kulturmetropole. Schließlich werden dadurch nicht nur Arbeitsplätze in der Kreativwirtschaft geschaffen. Eine blühende Kunstszene zieht auch Touristen in die Stadt und steigert die Lebensqualität. Leider sinkt die Zahl von subventionierten Atelierräumen genauso stetig, wie die Zahl der Kunstschaffenden steigt. Fast scheint der Kultursenat gegen Windmühlen anzukämpfen, denn die Probleme sind vielfältig.

Damit diese Tatsachen geschaffen werden können, benötigen Künstler und Künstlerinnen Raum. Nicht nur geistigen Freiraum, sondern vor allem auch einen Ort, sie wirken können: ein Atelier. Arbeitsräume zu finden, die zudem genug Spielraum geben, sich zu entfalten, wird in Berlin immer schwieriger.

Die weltweit anerkannte Kulturmetropole, die stolz auf ihre internationale Kunstszene ist, macht es den Kunst- und Kulturschaffenden nicht gerade leicht, sich hier ein- und auszuleben. Die Wohnraumproblematik ist bekannt. Horrende Mietpreise betreffen aber nicht nur den Wohnungsmarkt, sondern inzwischen auch jede andere Form von Räumen, beispielsweise Künstler*innen-Ateliers.

1300 geförderte Ateliers für 8000 Suchende

Obwohl die Stadt jährlich rund 600 Millionen Euro in die Kulturförderung investiert, wovon ein Teil auch in die Atelierförderung fließt, deckt das Angebot den Bedarf kaum. Auf etwa 1300 subventionierte Arbeitsräume für Berlin lebende bildende Künstler*innen, kommen etwa 8000 Suchende. Das Atelierbüro im Kulturwerk des bbk, des Berufsverbandes Bildende Künstler, ist vermittelndes Bindeglied, über das auch der Bewerbungsprozess abläuft. Im Januar 2023 gab es ganze fünf Ausschreibungen im Rahmen des Berliner Atelierförderprogramms. Vor zwanzig Jahren zeigte sich in diesem Bereich noch ein anderes Bild: Den damals 4000 bis 5000 Künstler*innen der Stadt standen knapp 1500 Ateliers und Atelierwohnungen zur Verfügung.

Und eigentlich hat die Förderung der Kreativen in Berlin auch eine lange Tradition. Friedrich der Große hat es als erster verstanden, gute Bedingungen zu schaffen, die heimische Kunstschaffende unterstützen und weitere in die Stadt lockten. Wilhelm I und II taten es ihm nach und weitere folgten. Seit 2016 ist es die Aufgabe von Kultursenator Klaus Lederer über die kluge Verteilung der verfügbaren Mittel zu entscheiden. Bei ihm laufen die Fäden der Kulturförderung zusammen und bei ihm landen die Klagen, wenn sich diese Fäden verknoten oder gar zu reißen drohen.[...]

Leicht zu durchschauen sind die verschiedenen Zuständigkeiten  dennoch nicht. Fast mutet es wie ein Pingpong-Spiel an, auch wenn Lederer dieses vehement verneint: „Es gibt kein Behörden-Pingpong im eigentlichen Sinne. Es gibt im Kern eine Verantwortlichkeit des Landes für das Atelierbauprogramm und für das Arbeitsraumprogramm. Das heißt, das machen wir gemeinsam mit der Landes-Immobilien-Gesellschaft, mit der BSE, als einer treuhänderischen, gemeinnützigen Gesellschaft. Und wir haben jetzt seit zwei Jahren die Kulturraum GmbH an Bord, die sozusagen das operative Geschäft machen: Räume anmieten, Räume herrichten und dergleichen mehr. Also es gibt auch in den Bezirken zum Teil Immobilien, bezirkliche Immobilien. Da finden wir es natürlich gut, wenn die dann auch für solche Zwecke bereitgestellt werden. Aber es ist nicht so, dass die Bezirke da große Spielräume haben, weil die Zahl der Immobilien im bezirklichen Bereich einfach auch begrenzt ist.“ [...]

Leicht zu durchschauen sind die verschiedenen Zuständigkeiten  dennoch nicht. Fast mutet es wie ein Pingpong-Spiel an, auch wenn Lederer dieses vehement verneint: „Es gibt kein Behörden-Pingpong im eigentlichen Sinne. Es gibt im Kern eine Verantwortlichkeit des Landes für das Atelierbauprogramm und für das Arbeitsraumprogramm. Das heißt, das machen wir gemeinsam mit der Landes-Immobilien-Gesellschaft, mit der BSE, als einer treuhänderischen, gemeinnützigen Gesellschaft. Und wir haben jetzt seit zwei Jahren die Kulturraum GmbH an Bord, die sozusagen das operative Geschäft machen: Räume anmieten, Räume herrichten und dergleichen mehr. Also es gibt auch in den Bezirken zum Teil Immobilien, bezirkliche Immobilien. Da finden wir es natürlich gut, wenn die dann auch für solche Zwecke bereitgestellt werden. Aber es ist nicht so, dass die Bezirke da große Spielräume haben, weil die Zahl der Immobilien im bezirklichen Bereich einfach auch begrenzt ist.“ [...]

Künstler*innen-Kollektive fallen durchs Raster

„Weiter schauen“, davon können die 26 Künstler*innen der Treptow Ateliers ein trauriges Lied singen. Ihr Kampf um geeignete Atelierräume geht nun schon ins vierte Jahr. Nun ist er eskaliert, denn aus ihrer privatwirtschaftlich bereitgestellten Zwischenlösung mussten sie Mitte Januar ausziehen, ohne Aussicht auf andere Räumlichkeiten. Beim Kollektiv ist man frustriert. Nicht nur über die gescheiterte Übernahme der alten Berufsschule in der Wilhelminenhofstraße – die Kulturverwaltung hat für dieses Objekt eigene Pläne – sondern auch über die bürokratischen Hürden, die Kollektive bei der Anmietung landeseigener Räume ausschließen. Denn die Antragsberechtigung hängt vom jeweiligen Einkommen des Kunstschaffenden ab. Wege, sich als Gruppe zu bewerben, gibt es aktuell nicht. Auch Lederer weiß:

„Das ist ein Problem. Das können wir auch nicht ohne Weiteres lösen. Wir haben zum Beispiel die Treptow Ateliers.“

Den haben wir dann zwei Orte angeboten. Die kamen für sie aber nicht infrage. Sie haben sich ein Objekt ausgeguckt, was wir aber gerade herrichten. Also in der Wilhelminenhofstraße. Das wird durch die BIM gerade erst hergerichtet. Da sind wir jetzt in der Planungsphase, kurz vor der Fertigstellung, dauert alles ewig. Aber diese Räume sollen natürlich im Arbeitsraum Programm über [Red.Anm.: das kulturwerk des bbk berlin], den Berufsverband, an Menschen, die von Jurys ausgewählt werden, vergeben werden, weil wir eine soziale Komponente drin haben. Es gibt ja Künstler, die können recht gut von ihrer Kunst leben, die meisten können es eher nicht. Aber es entscheiden Jurys darüber und da kann man natürlich keine Kollektive berücksichtigen. Das ist derzeit noch eine Leerstelle.“ [...]