Irene Pätzug
Installation / Objektkunst
* 05.05.1975
Bildung:Diplom
Gruppen: Paetzug / Hertweck , Irene Pätzug und Valentin Hertweck
Text
Für das Künstlerduo Pätzug / Hertweck steht die spielerische Verunsicherung alltäglicher Raumerfahrung im Fokus der künstlerischen Auseinandersetzung.
An zentralen Berührungspunkten von anthropologischen, architektonischen
und geometrischen Räumen platzieren sie mechanisch animierte skulpturale Elemente, die den Besucher in seinen Gewohnheiten, Räume zu handhaben, übervorteilen und vereinnahmen. Der Raum rückt dem Betrachter auf den Leib. Die Strukturen subjektiver Raumerfahrung werden den daran Beteiligten so überhaupt und neu bewusst gemacht.
Zusammenhänge der klassischen Mechanik, im Zeitalter der Quantenmechanik, als basalen Baustein und logisches Rückgrat von Rauminterventionen zu wählen, birgt den Vorteil, dass solche Installationen, ohne versteckte technologische Umschweife die abstrakten Aspekte dieser Räume materialisieren und beleuchten können.
Dafür greifen Pätzug / Hertweck mit minimal-invasiven Installationen in Räume ein, die im Alltag absolut klar und selbstverständlich sind. Durch ihre Transformation wird der Besucher in eine anfänglich beinahe infantil anmutende Umgebung geschubst, von der er ein begrenzteres und weniger zusammenhängendes Verständnis hat. Dennoch bleiben auch die transformierten Räume klar und übersichtlich. Der Besucher kann sein Raumverständnis dadurch wieder vervollständigen und unter neuem Vorzeichen zurückgewinnen. So wird in der Arbeit „Remter gefaltet“ mit dem Öffnen der Tür vorübergehend eine dysfunktionale Raumsituation geschaffen, die mit dem Schließen der Tür aufgeklärt wird, indem der „Raum“ eine dem Besucher noch bevorstehende Geste einladend andeutet. Durch die asynchrone Entfaltung der einzelnen Komponenten wird die Installation insgesamt erst durch die Anwesenheit mehrerer Personen vollständig erschließbar und bringt den architektonische Raum in einen direkten Zusammenhang mit dem dadurch bedingten sozialen Raum.
Die skulpturalen Elemente weisen einen klaren und starken Bezug zur umgebenden Architektur auf und werden durch Aktivitäten der Besucher oder durch mechanische Antriebe, die ein zufälliges Moment beinhalten, aus ihrer Position des reinen Vorhanden-Seins in die Nähe eines prototypisch humanoiden Daseins gerückt.
Gleichzeitig spielen sie durch ihre funktionalen Zusammenhänge eindeutig auf alltäglich ausgeführte Handlungen, innerhalb aber auch außerhalb, dieser Räume an. Durch die Bewegung verwandeln sich die skulpturalen Elemente in rudimentäre Akteure, werden zur Projektionsfläche für den sozial und mental determinierten Gehalt der Räumlichkeiten, betonen jedoch aufgrund ihres fragmentierten Charakters umso stärker ihre gegenständlichen Aspekte.
Die Arbeit „Limit Agil“ beispielsweise exponiert und kartografiert durch den „Tanz“ der Wand, den Komplex der geometrischen Eigenschaften des Raumes bleibt in ihrer Rolle als „Tänzer“ gleichwohl ein Relikt. Es entsteht an und durch die bewegte Skulptur ein Ort, der gleichsam einer Bühne gegenständliche und performative Aspekte des Raumes in eine spürbare wechselseitige Nachbarschaft bringt.
Die auf diese Bühne gebrachten Gesten werden, wie die angeführten Beispiele illustrieren, durch die Eingriffe mechanisch verkettet, dem Besucher entzogen oder auch vorauseilend vorgeführt. Das Geflecht von Mensch und Raum wird aktiviert, als ein existentielles Phänomen erfahrbar und neuer Reflexion zugänglich.
Text: Reinhold Oertel
Vita
Pätzug / Hertweck
Irene Pätzug
-1975 geboren in Dresden
-lebt und arbeitet in Berlin
Ausbildung
-2009 Ernennung zum Meisterschüler durch Prof. Martin Honert, HfBK Dresden
-2008 Ernennung zum Meisterschüler durch Prof. Inge Mahn, Kunsthochschule Berlin-Weißensee
-2006 Diplom der Bildhauerei, Kunsthochschule Berlin-Weißensee
-2004 Studienaufenthalt an der ESBAM, Marseille, Frankreich
-1998 Gesellenabschluß, Fachschule für Holzbildhauer, München
Valentin Hertweck
-1978 geboren in Bonn,
-lebt und arbeitet in Berlin
Ausbildung
-2009 Ernennung zum Meisterschüler durch Prof. Inge Mahn, Kunsthochschule Berlin-Weißensee
-2007 Diplom der freien Kunst/Bildhauerei, Kunsthochschule Berlin-Weißensee
-2000 Gesellenbrief zum Steinmetz, Koblenz
Einzelaustellungen Pätzug / Hertweck
-2019 Fisimatenten, Kunsthalle Weseke
-2018 Beziehungen bei Flächendeformationen, berlin weekly
Evolvente sentimental, KurtKurt, Berlin
Garagist, adhoc Raum, Bochum
Swinger, Bärenzwinger, Berlin
-2017 Inspectio Circensis, Rosengarten im Treptower Park, Berlin
-2015 Klappstuhl 100°, 100Grad Festival, Ballhaus Ost, Berlin
-2014 In actu, Schauspiel Leipzig, Residenz, Baumwollspinnerei, Leipzig
-2013 Variation der Konstanten, Pavillon am Milchhof, Berlin
-2012 Diesseits, HELLERAU – EUROPÄISCHES ZENTRUM DER KÜNSTE DRESDEN
Doppelrolle, DA Kunsthaus Gravenhorst
Mehrwert 137, Mehrwertvitrine, Aachen
Gruppenaustellungen
-2021 Britzenale, Kleingartenkolonie Morgentau, Berlin-Britz
-2020 Saisonale - Heimat Gärten, DA Kunsthaus Gravenhorst
-2019 7.Thessaloniki Biennale, MOMus-Museum of Contemporary Art, Thessaloniki, Griechenland
-2018 Raum ohne Raum, Kunstpunkt, Berlin
-2017 Sichtbetonung, Zentralwerk, Dresden
springhouse 2017, HELLERAU – EUROPÄISCHES ZENTRUM DER KÜNSTE DRESDEN
64. Internationalen Kurzfilmtage, Oberhausen
-2016 Układ otwarty I Unfolding Constellations, Centre of Contemporary Art Torún, Polen
-2015 Localize acht und null, Potsdam
-2014 Mensch und Maschine, Skulpturen-Triennale Bingen
-2013 springhouse 2013, Haus h, Dresden
In situ ludi, DA Kunsthaus Gravenhorst
Stipendien
-2014 DAAD-Stipendium, ZAWP Bilbao, Spanien
-2012 Projektstipendium Kunst Kommunikation, DA Kunsthaus Gravenhorst