29.11.2022 | Der Maulbär - Das Kulturmagazin für den Berliner Südosten, Stefka Ammon: Kieze ohne Künstler.

22.11.2022 | Der Maulbär - Das Kulturmagazin für den Berliner Südosten, Stefka Ammon: Kieze ohne Künstler. Der Bezirk Treptow-Köpenick verliert mit Arbeitsräumen für Künstler*innen mehr als nur schmückendes Beiwerk.

Der Atelierbeauftragte für Berlin zum Artikel: "Ateliersterben nicht nur in Treptow Köpenik -  Treptow Ateliers und andere in Gefahr - Förderung von Hilfe zur Selbsthilfe nötiger denn je."

Zitat: "Die ursprünglich 35 Künstler*innen, die sich vor 10 Jahren in der Mörikestraße (Baumschulenweg) zusammengefunden hatten, dort arbeiteten und gemeinsam Ausstellungen organisierten, Vermittlung und Austausch mit Nachbar*innen und Berliner*innen aus dem gesamten Stadtgebiet leisteten, wichen vor den Abrissplänen des Grundstückbesitzers in die Wilhelminenhofstraße aus. Dafür haben sie damals unter massivem Aufwand Bezirks- und Landespolitiker*innen auf den Plan gerufen, die Verwaltungen um Hilfe gebeten und – das  muss man sagen – es  hat vor zwei Jahren geklappt! Das nun gekündigte Interimsquartier wurde bezogen.  Da waren’s übrigens nur noch 26 Künstler*innen. Von den Löchern im Dach und anderen, nun ja, schwierigen baulichen Zuständen reden wir an dieser Stelle nicht.

Und jetzt ist endgültig Schluss. Die Ateliergemeinschaft muss bis Ende des Jahres raus. Das bedeutet übrigens auch: kaum noch kostenlose Kunstausstellungen mehr für Menschen in der Wilhelminenhofstraße. Die Situation ist dramatisch.

[...]

Da gibt es verschiedene Strategien: ein wichtiges Standbein dafür ist das Atelierförderprogramm des Berliner Senats. Aktuell werden in der Tat ca. 1.300 Ateliers vom Land subventioniert. Das ist zweifellos großartig, einzigartig und unverzichtbar. Es bedeutet, dass das Land den Eigentümer*innen der genutzten Immobilien (sofern es sich nicht um landeseigene Gebäude handelt) den geforderten Mietzins zahlt und die Ateliers nach einem Auswahlverfahren mit den Maßgaben Einkommensgrenzen, Bedürftigkeit und Ausstellungstätigkeit für geringere und bezahlbare Mietpreise an Künstler*innen vergibt. Die Regeln hierfür sind so ausgelegt, dass weniger als die Hälfte der Künstlerschaft die Bedingungen hierfür erfüllt. Nicht, weil sie nicht genug ausstellen, sondern weil sie durch ihre erfolgreiche Arbeit (und ggf. auch dadurch, dass ihre Ehepartner*innen “zuviel” verdienen) über der Einkommensgrenze liegen, die hier angesetzt wird. Diese wurde gerade angehoben, aber auch das hilft nicht, wenn 8.000 Künstler*innen den 1.300 geförderten Ateliers gegenüber stehen.

Zudem ist es so, dass das Einkommen natürlich jährlich überprüft wird und man/frau räumen muss, wenn es dauerhaft zu gut läuft mit der Kunst oder auch den Nebeneinkünften (es ist eben ein öffentlich gefördertes und solidarisches Programm), dass man im Atelier keine regelmäßigen Veranstaltungen (Ausstellungen) organisieren soll und es auch nicht erlaubt ist, z. B. Workshops anzubieten, mit denen man/frau sich ein Zubrot verdienen könnte.

Auch Ateliergemeinschaften sind nicht antragsberechtigt, denn es muss ja immer das Einkommen jedes Einzelnen geprüft werden. Ach so – und wenn der oder die Eigentümer*in den Vertrag mit dem Land kündigt, ist natürlich auch Schluss. Alles das zeigt, warum dieses einzigartige Atelierprogramm des Landes auch nach seiner Novellierung 2021 nicht alle Künstler*innen, die von Verdrängung bedroht sind, erreicht, und es eben nur ein Standbein bei der Sicherung von künstlerischen Arbeitsplätzen sein kann.

Die Lücke zwischen den NK-Mieten im Atelierförderprogramm und solchen auf dem freien Markt belaufen sich aktuell auf die drei- vierfache Summe pro Quadratmeter. Egal auf welcher Förderstufe man im Atelierprogramm steht. Künstler*innen über der Bemessungsgrenze, aber auch Künstler*innen, die Kurse anbieten und Veranstaltungen wie Ausstellungen oder Lesungen bereitstellen, Künstler*innen, die sich für ihre Nachbarschaft engagieren und Angebote schaffen, die müssen sich alleine tummeln. Und auch sie wenden sich an die Politik. Immer dann, wenn es brennt. Und alle: Politik und Verwaltung, Presse und Nachbar*innen, Kunstliebhaber*innen und Kulturförderer wollen helfen und legen sich ins Zeug. Meist vergeblich.“

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Den ganzen Artikel findet ihr im Maulbär unter:
https://maulbeerblatt.com/alles/kiez-ohne-kuenstler/