Josefine Günschel

smart systems

2012

4 Honigbienenvölker werden im Garten des Zentrums auf Hochsitzen angesiedelt. Eine Wandarbeit im Foyer des ZMM thematisiert das Spannungsfeld zwischen einer Millionen Jahre alten Produktionsform und einer jungen, sich rasant verändernden Technik.

Die ursprüngliche Inspiration, eine „natürliche Quelle“ der Mikrosystemtechnik hält mit den Bienenvölkern Einzug in das Terrain des hochgradig technik-orientierten Zentrums.

Bienen zeigen ein perfektes Modell für vernetzte Mikrosysteme. Trotz ihres sehr kleinen Gehirns – etwa 10.000mal kleiner als das eines Menschen – verfügen sie über ausgefeilte Kommunikationssysteme. Bienen sind in der Lage, Informationen zu codieren und zu entschlüsseln, sie können abgestimmt zusammenarbeiten. Ein aus vielen tausend Bienen bestehendes Volk bildet durch seine hohe Organisationsstruktur eine soziale Einheit, deren Fähigkeiten die des einzelnen Insekts weit übersteigen.

„Wir fanden heraus, dass Bienen über ein wirklich erstaunliches Lernvermögen verfügen, wenn es darum geht, neue und komplexe Aufgaben zu lösen.(...) Das Wissen, wie biologische Systeme mit solchen visuellen Herausforderungen umgehen, verhilft Softwareentwicklern vielleicht zu einem besseren Verständnis und dadurch zu ganz neuen Lösungen oder Lösungsansätzen. Die Kernidee geht davon aus, dass winzige Gehirne möglicherweise sehr effektive Lösungsmethoden haben, die wir einfacher abbilden können als die aus den Gehirnen von Primaten. Diese sind ziemlich schwer zu verstehen und nachzubilden.“ Alexander v. Humboldt-Stiftung, Interview mit dem Sinnesphysiologen Prof. Dr. Adrian Dyer, 2008


Die Grenzen zwischen lebenden und künstlichen Systemen werden zunehmend unscharf. Mikrosystemtechnik, die Funktionsweisen lebender Organismen nachempfindet, wird durch intelligente Implantate wiederum Teil eines (menschlichen) Organismus.

Der Philosoph Günther Anders thematisierte bereits vor über 50 Jahren das Gefälle zwischen der Unvollkommenheit des Menschen und der immer größer werdenden Perfektion der von ihm entwickelten Technik:
„Es wäre ja durchaus nicht unmöglich, dass wir, die wir diese Produkte herstellen, drauf und dran sind, eine Welt zu etablieren, mit der Schritt zu halten wir unfähig sind, und die zu „fassen“, die Fassungskraft, die Kapazität sowohl unserer Phantasie wie unserer Emotionen wie unserer Verantwortung absolut überforderte.“ Günter Anders, „Die Antiquiertheit des Menschen, Band 1“, 1956

Die Wandarbeit im Foyer des ZMM nimmt diese Thematik auf, und verknüpft sie mit Texten aus der Bienenforschung.