Martin G. Schmid

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2012

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Kunstverein Pforzheim, 2012

Pforzheim gilt als Pforte zum nördlichen Schwarzwald. In der Stadt fliessen drei Flüsse zusammen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts galt es als Stadt der Flösser. Das geschlagene Holz aus dem Schwarzwald wurde über die drei Flüsse angeflösst, um es in Pforzheim zu grösseren Flössen zusammen zu binden. Dies Flösse gingen über die Enz in den Neckar, dann in den Rhein bis nach Köln um schliesslich in Amsterdam anzukommen. Dort wurden Schiffe gebaut, mit denen die Niederländer in die tropischen Kolonien fuhren. Die Tannen aus dem Schwarzwald landeten tatsächlich in den tropischen Regenwäldern. Über den entgegengesetzten Weg erfolgte ein kultureller Einfluss im Schwarzwald aus den Städten des Rheins und aus fremden Ländern. Dies schlug sich auch mit aversiven Reflexen in der Kultur nieder, wenngleich einige anscheinend ureigenste Kulturartefakte des Schwarzwalds nachweislich den Rhein oder sogar das Meer heraufgekommen sind. Man kann hier von einer Frühform der Globalisierung sprechen, ähnlich wie bei der Seidenstrasse oder dem Gewürzhandel zu Zeiten von Marco Polo.

Der Kunstverein Pforzheim ist Teil eines musealen Gebäudeensembles, das von Manfred Lehmbruck 1963 erbaut wurde. Als Sohn des in Zürich lebenden und früh verstorbenen Vaters Wilhelm Lehmbruck, wurde Manfred Lehmbruck zum Ziehsohn von Mies van der Rohe. Das radikale, nachkriegsmoderne Gebäude liegt eingebettet in einen grünen Park mit Blick zum Schwarzwald.

Die Ausstellung verlief über den Sommer bis tief in den Herbst. Dies war der Anlass, das Bild entsprechend seinem Umfeld grün zu gestalten, wodurch das Wandbild in ein direktes Verhältnis zum Aussenraum gesetzt wurde. Da die Ansicht durch die Fenster nach aussen auch als zum Bild gehörig verstanden wurde, war der jahreszeitliche Wechsel des Aussenraums als ein Weitermalen des Bildes verstanden worden.

Die am Fresko orientierte Wandmalerei zog sich als Septichon über sieben Wandelemente hinweg. Das raumbezogene Bild, das von den Wänden abgerutscht zu sein schien, umfasste alle vier Seiten der Ausstellungshalle. Digitale und manuelle Malerei durchdrangen einander. Beim Überstrapazieren des Computers wurden algorithmische Fehlfunktionen provoziert und damit opulente Versatzstücke unterschiedlichster Bildwelten erzeugt. Durch einen selbstentwickelten Transfer auf die Wände gebracht, alterten sie sofort zu Patina und Erinnerung. Ein grünes Bild, bei dem Hiesiges auf Exotisches stiess, umgab den Betrachter. Vegetationen und Kulturfragmente des Schwarzwalds und der Tropen strömten jeweils von der einen Seite des Bildes der anderen entgegen um sich beim Aufeinandertreffen zu durchmischen und gegenseitig zu modifizieren. Die Fenster zwischen den Wänden gaben den Blick auf das gestaltete Grün des umgebenden Parks frei.