Gertraudenhain
Der Gertraudenhain ist eine wachsende skulpturale Intervention, die inmitten eines durch Luft- und Umweltverschmutzung belasteten Stadtraums Wurzeln schlägt. Das Wiederaufforstungskonzept „Tiny Forest“ des japanischen Botanikers Akira Miyawaki dient hierbei als Grundlage.
In dem begehbaren kleinen Wald soll spätestens im Sommer 2025 ein Mikroklima wahrnehmbar sein, wodurch ein sichtbarer Ort für Biodiversität und notwendige Aufwertungen des öffentlichen Raums entsteht. Die Nachbar*innenschaft wird aktiv in die Entwicklung, Gestaltung und Pflege eingebunden und soll einen Austausch zu Fragen der Stadtentwicklung, Nachhaltigkeit sowie dem Verhältnis von Kunst, Kultur und urbaner Produktion anregen.
Ziel ist es, eine lebenswerte Stadt und eine zukunftsorientierte Urbanität künstlerisch zu thematisieren und sichtbar zu machen. Der Gertraudenhain soll ein Experiment und eine Aufforderung zum sozialen und partizipativen Handeln für Anwohner*innen und Gäste sein. Er soll die Aufenthaltsqualität erhöhen und ein Ort des gemeinschaftlichen Austauschs werden.
Beim Wiederaufforstungskonzept von Akira Miyawaki werden degradierte Flächen dicht mit standortgerechten Baum- und Straucharten bepflanzt. Diese Methode führt zu schnellem Pflanzenwachstum und bindet mehr CO2 als übliche urbane Bepflanzungen. Im Unterschied zu anderen grünen Infrastrukturelementen einer Stadt benötigen sogenannte Tiny Forests weniger Pflege und stellen eine sinnvolle Alternative dar. Die räumlich eng begrenzten urbanen Wälder können zudem als Trittsteinbiotope fungieren und damit einen wichtigen Beitrag zum Biodiversitätserhalt in urbanen Räumen leisten. Angesichts des Klimawandels wird den Tiny Forests in Städten eine große Bedeutung zugeschrieben.
Nicht nur die ökologische, sondern auch die soziale Komponente spielt bei diesem Konzept eine zentrale Rolle. Bürger*innen, insbesondere Kinder, werden aktiv in den Pflanz- und Pflegeprozess einbezogen. Waldpädagogische Pflanzaktionen und ganzheitliche Bildungskonzepte ermöglichen eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Ort im Jahresverlauf. Dieser partizipative Ansatz steigert die soziale Akzeptanz von Tiny Forests und beeinflusst das Naturempfinden der Nachbar*innenschaft und der urbanen Bevölkerung positiv.
Der Gertraudenhain berücksichtigt die besondere städtebauliche Situation an der Leipziger Straße sowie die daraus resultierende Luft- und Umweltverschmutzung und deren Auswirkungen auf das Mikroklima und die Lebensqualität in diesem Bereich. Da sich die Parameter hier durch den Klimawandel aller Voraussicht nach nicht verbessern werden, möchte der Gertraudenhain die zwingende Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit diesem Thema betonen und versuchen, eine breite Stadtgesellschaft vielschichtig zu aktivieren.
Der Gertraudenhain ist mehr als ein Tiny Forest, der auf geringer Fläche erstaunlich viel CO2 binden kann. Er ist ein skulpturales und soziales Experiment, das sich in einem ständigen Prozess befindet. Das Projekt fördert gemeinsames Pflanzen und Pflegen, um für eine lebenswertere Stadtklimadiversität einzutreten und umweltpädagogische Angebote zu schaffen. Es soll ein Treffpunkt sein und Nachbar*innenschafts- und Kiezbindungsaktivitäten stärken. Es soll einen erlebbaren Innenraum schaffen, in dessen Struktur spätestens im Sommer 2025 ein spürbares Mikroklima bewusst wahrnehmbar wird. Es ist eine wachsende Installation, die wie ein Leuchtturm Menschen ermuntert, die Stadt aktiv für die Zukunft mitzugestalten.
Darüber hinaus möchte das Projekt Menschen aller Generationen ermutigen, sich für den Erhalt des Gertraudenhain bei der Politik, der Verwaltung und der Zivilgesellschaft einzusetzen. Begleitet wird das Projekt durch acht saisonale Gesprächs- und Diskussionsveranstaltungen mit Expert*innen zu Themen wie ökologische Alternativen für versiegelte Flächen, Brachen und Abstandsgrün, der Kunst in öffentlichen, urbanen Räumen, Land Art und ressourcenschonenden Kunst- und Kulturproduktionen. Diese Veranstaltungen werden von der „Mitmachgruppe“ aus der Nachbar*innenschaft aktiv mitgestaltet, um gezielt die Fragen und Belange des Kiezes zu thematisieren. Dieses Veranstaltungsformat rund um den Gertraudenhain ist ein zentraler Moment dieser künstlerischen Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Stadtraum an der Leipziger Straße.