Thomas Henninger

Eunomia ∑3

2015

Die Lichtinstallation beschreibt einen fiktiven Sternenhimmel, welcher einen Kosmos der Kunst kartographiert. Hinter Spionspiegelglas entstehen neue Sternenkonstellationen, welche in ihrer auratischen Erscheinung ein mehrdimensionales Bild erzeugen.
Die stärkste Leuchtkraft entfaltet der Kubus bei Dunkelheit. Dann ranken sich Sternenformationen über die Wände des Konferenzzentrums, die auch über die Gebäudegrenzen hinaus strahlen. Die unzähligen Lichtquellen lassen den Sternenkubus zu einem eigenständigen Leuchtkörper werden, eine auratische Erscheinung. Bei Tageslicht kommt eine weitere Dimension der Installation „Eunomia macrocosmica ∑3“ zum Tragen: Die Lichtpunkte der Sternenkonstellation wer-den erweitert durch das klare Spiegelbild auf der grau-grün getönten Spionglasfläche. Das Spiel mit den Variationen des Lichts führt zu-nächst zu einfachen Feststellungen: Licht leuchtet und Licht beleuchtet abwechselnd einzelne Gegenstände. Auch scheint Licht im dunklen Umfeld heller zu leuchten. Zu viel auf einen Gegenstand gelenktes Licht wiederum kann der Erhellung im Sinne einer Erkenntnis über die räumlichen Verhältnisse im Wege stehen. Doch Licht erweitert auch den Wahrnehmungshorizont: Neben der Dokumentation von Raum und Zeit wird auch die Dimension der Bewegung durch Licht erst messbar, wodurch alle Beschreibung fester Größen in Frage gestellt sind. In diesen Grundwahrheiten findet nicht nur die Wissenschaft, sondern auch in zunehmenden Maße die bildende Kunst Anlass zum Weiterforschen. Je nach Prägung lösen Bilder im Betrachter vielfältige Assoziationen aus; die Bilder werden gewissermaßen um die eigene Vorstellungswelt ergänzt. Die Erfahrung von Naturphänomenen gerät zur Selbsterfahrung des Schauenden. Sei es der Passant auf der Straße oder die Mitarbeiterin des Bundesministeriums – diese künstlerische Arbeit vermag unter den Betrachtern etwa den einen anregen, die eigenen Kenntnisse über das Universum zu erweitern, ein anderer wird im stummen Staunen vor dem Unergründlichen verharren, während ein dritter sich der globalen Schöpfungsmythen erinnert, der griechischen Philosophen oder der Lyrik von Goethe: „... wie an dem Tag, an dem Du angetreten, die Sonne stand zum Gruße der Planeten...“.
Die spiegelnde Spionglasverkleidung der umfangreichen Lichtinstallation stellt eine weitere Herausforderung an die Wahrnehmung dar: Die Gleichzeitigkeit von Spiegelbild und Kosmoserfahrung zieht den Betrachter ins Bild und macht ihn zum Teilnehmer dieses weltumspannenden Geschehens.
Eigenwillig, wenn auch parallel zur bewunderten Natur, täuschend und wirklichkeitsnah, irritierend und in konkurrierender Schönheit, subversiv und in Verweigerung eindimensionaler Interpretation widmet sich die Installation den großen Fragen über Fiktion und Wirklichkeit, über Sein und Zeit einer Anwesenheit im weiten Universum.


Auftraggeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung
Urheber: Thomas Henninger, Axel Ankam
Realisierung: 2015
Maße: 120 x 3,20 m

Eunomia, Bundesministerium für Bildung und Forschung Berlin

Eunomia, Bundesministerium für Bildung und Forschung Berlin

Eunomia, Bundesministerium für Bildung und Forschung Berlin